Hiring Hacks für Vorstellungsgespräche mit Software-Ingenieur*innen

Ein Vorstellungsgespräch ist eine sehr verletzliche Selbstdarstellung, und es erfüllt mich mit Demut, dass etwa 400 Ingenieur*innen mit mir Vorstellungsgespräche geführt haben – sie haben mir gezeigt, wie man es richtig macht.
Zuvor habe ich als Produktmanager ein Team von brillanten Ingenieur*innen aus Unternehmen wie Google, Facebook und Amazon für ein anschubfinanziertes Start-up zusammengestellt und als Produktberater ein völlig neues technisches Team für FusionCharts von Grund auf aufgebaut. Als Mitbegründer von Adaface, wo wir das technische Screening in der ersten Runde mit unserem Chatbot Ada automatisieren, mache ich das jetzt in großem Maßstab. Da dies seit einigen Jahren ein zentraler Bestandteil meiner Arbeit ist, habe ich einen Vorstellungsgesprächsprozess entwickelt, den ich selbst gerne durchlaufen würde und der uns dabei hilft, die am besten für die Stelle geeigneten Ingenieur*innen zu finden.
Im Folgenden finden Sie eine Liste mit zehn der Dinge, die ich bisher gelernt habe, mit umsetzbaren Erkenntnissen, die Hiring Manager*innen in ihren Einstellungsprozess einbeziehen können.
1. Erstellen Sie einen Leitfaden über die erforderlichen Fähigkeiten und wie Sie diese bewerten wollen. Teilen Sie sie den Bewerber*innen im Vorfeld mit.
Welche Fähigkeiten sind ein Muss? Wenn ein*e Bewerber*in diese Fähigkeit nicht besitzt, werden wir sie*ihn nicht zum Vorstellungsgespräch einladen. Vereinbaren Sie dies mit allen Interviewer*innen. Lassen Sie nicht jede*n Interviewer*in für sich selbst entscheiden, was für die Stelle wichtig ist.
Teilen Sie den Bewerber*innen in der Einladungs-E-Mail mit, was sie unbedingt wissen müssen, und sagen Sie ihnen, was besprochen werden wird. Das hilft den Bewerber*innen, sich zu entspannen, weil sie wissen, was sie erwartet.
2. Brechen Sie das Eis. Sie zuerst.
Es dauert seine Zeit, bis sich Bewerber*innen wohlfühlen. Wir sollten nicht erwarten, dass sie damit beginnen, sich selbst vorzustellen. Halten Sie eine Präsentation über sich selbst, das Unternehmen und die Stelle bereit. Beginnen Sie mit einer Vorstellung Ihrer Person und schaffen Sie so gute Voraussetzungen für die Bewerber*innen.
3. Fragen Sie sie nach ihrem Kommunikationsstil und passen Sie sich ihm an.
Dies ist nicht nur einer der wichtigsten Aspekte eines Vorstellungsgesprächs, sondern auch einer, den die meisten von uns falsch machen. Ich verstehe, warum manche Interviewer*innen von den Bewerber*innen erwarten, dass sie ihnen ihre Gedankengänge erläutern – das macht ihre Arbeit einfacher. Aber wir müssen lernen, so zu arbeiten, dass die*der Bewerber*in ihr*sein Bestes geben kann.
Ich gebe den Bewerber*innen gerne alle Optionen im Voraus: „Hier sind einige Möglichkeiten, wie wir das machen können – welche würden Sie bevorzugen?“
4. Stellen Sie Fragen, die Ihnen helfen, die Bewerber*innen genau zu bewerten.
Stellen Sie keine Fangfragen, nur um einen Filter zu haben. Sie geben Ihnen keine aussagekräftigen Hinweise auf die Fähigkeiten der*des Bewerber*in.
- Lassen Sie nicht jede*n Interviewer*in willkürlich entscheiden, welche Fragen sie*er den Bewerber*innen stellt.
- Erstellen Sie eine Sammlung von Fragen mit unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden und für verschiedene Erfahrungsjahre.
- Jede Frage muss von allen Interviewer*innen gelöst werden, bevor Sie mit den Vorstellungsgesprächen beginnen. Geben Sie den Bewerber*innen großzügig die doppelte oder dreifache Zeit, die die Interviewer*innen für die Lösung der Frage gebraucht haben.
- Wir wollen das Fähigkeitsniveau der*des Bewerber*in in einer bestimmten Fähigkeit verstehen. Es ist also Zeitverschwendung, allen die gleichen Fragen zu stellen. Wenn ein*e Bewerber*in zwei Fragen mit mittlerem Schwierigkeitsgrad nicht lösen konnte, erhalten Sie mit einer leichteren Frage mehr nützliche Daten als mit einer weiteren schweren Frage.
5. Führen Sie einen konsistenten Bewertungsmechanismus ein.
Ich nenne das gerne die Methode der Annahme, dass die*der Bewerber*in außergewöhnlich gut ist.
- Gehen Sie davon aus, dass die*der Bewerber*in die Frage bestmöglich lösen wird, und geben Sie ihm eine 5.
- Fügen Sie im Laufe des Gesprächs Minuspunkte für Dinge hinzu, die wichtig sind und bei denen die*der Bewerber*in nicht gut abschneidet.
- Bei einer Aufgabe, die eine gute Kenntnis von Algorithmen erfordert, ziehen Sie z. B. -1,5 Punkte ab, wenn die*der Bewerber*in erst beim zweiten Versuch zu einer nicht optimalen Antwort kommt, -1,5 Punkte, wenn Sie einen sehr aufschlussreichen Hinweis geben mussten, um voranzukommen, -2 Punkte, wenn sie*er zu früh aufgibt, -0,5 Punkte, wenn sie*er Grenzfälle übersehen hat, und so weiter.
6. Begeistern, inspirieren und herausfordern.
Stellen Sie mindestens eine Frage zu den Problemen, die sie haben. Wenn sie alles lösen, werden sie es als ein einfaches Vorstellungsgespräch empfinden. Sie könnten damit assoziieren, wie anspruchsvoll die Arbeit sein würde, was die Rolle unattraktiv macht. Erörtern Sie mindestens eine schwierige Frage, sodass die*der Bewerber*in aus dem Gespräch etwas Neues gelernt hat, unabhängig vom Ergebnis. Außerdem erhalten Sie dadurch viele aussagekräftige Daten darüber, wie sie in einer schwierigen Situation reagieren.
Sprechen Sie auch über den Einfluss, den Sie als einzelner Mitarbeiter auf das Unternehmen genommen haben, und über Ihre bevorstehenden Projekte.
7. Erstellen Sie während des Gesprächs einen Berichtsbogen und überprüfen Sie ihn später auf Vorurteile.
Schreiben Sie die Berichtsbögen nicht nach dem Vorstellungsgespräch. Sie werden vieles vergessen, und die Bewertung wird nicht mehr so detailliert sein. Achten Sie darauf, dass Sie am Ende auf Vorurteile hin überprüfen. Haben Sie jemanden höher bewertet, nur weil sie*er eine Eliteuniversität besucht hat? Haben Sie sie höher oder niedriger bewertet, weil sie das andere/gleiche Geschlecht hatten? Oder weil sie Ihnen ähnlich waren?
8. Zwingen Sie sich dazu, Ja oder Nein zu sagen, indem Sie sich für bessere Maßstäbe entscheiden.
Wir übernehmen nicht gerne Verantwortung für Dinge, denen wir nicht zugestimmt haben, und es fällt uns schwer, eine Haltung einzunehmen und jemanden abzulehnen oder einzustellen. Deshalb sagen wir am Ende oft „vielleicht“, damit jemand anderes diese Entscheidung treffen kann. Eine Möglichkeit, dies zu ändern, besteht darin, auf dieser Skala von 1 bis 4 zu wählen:
- Wenn sie eingestellt werden, kündige ich.
- Stellen Sie sie nicht ein.
- Stellen Sie sie ein.
- Stellen Sie sie ein, sonst kündige ich.
Auf diese Weise landen Sie nicht bei einem Vielleicht, sondern bei einem polarisierenden Ja oder Nein. Jetzt wird es leicht sein, über die Bewerber*innen im Zusammenhang mit ihrer Einstellung zu diskutieren.
9. Einstellung. Lassen Sie sich nicht zu sehr von der Suche nach den absolut Besten leiten.
Einige Hiring Manager*innen gehen bei der „Qualität“ der Einstellungen keine Kompromisse ein. Aber wir müssen einstellen – und zu diesem Zweck glaube ich, dass eine humane Version einer „hire fast, fire fast“-Strategie (Schnelles Einstellen, schnelles Feuern) besser ist, als überhaupt niemanden einzustellen.
Wenn wir nur nach einem sehr starren Schema einstellen, werden wir am Ende eine wenig vielfältige und schließlich langweilige Gruppe haben. Manchmal müssen wir unserem Bauchgefühl folgen und ein paar „Vielleicht“-Einstellungen vornehmen. Allerdings sollten Sie darauf achten, wie viele solcher Mitarbeiter*innen Sie einstellen, welche Verantwortlichkeiten sie haben und wer ihr*e Manager*in sein wird. Vereinbaren Sie Einzelgespräche, um zu prüfen, wie sie abschneiden.
Diese Einstellungsstrategie hat sich für mich in der Vergangenheit bewährt:
- Wenn eine*r der Interviewer*innen 4 gesagt hat, auch wenn ein*e andere*r 2 gesagt hat, stellen Sie ein.
- Wenn niemand 4 gesagt hat und mindestens ein*e Interviewer*in 1 gesagt hat, stellen Sie nicht ein.
- Wenn mindestens zwei Interviewer*innen 3 gesagt haben, stellen Sie ein.
10. Seien Sie nett
Abschließend möchte ich sagen: Auch wenn Sie sonst nichts richtig machen, sorgen Sie dafür, dass das Vorstellungsgespräch mit Ihnen eine positive Erfahrung ist. Wenn ein*e Bewerber*in, die*der für die Stelle nicht qualifiziert ist, in einem persönlichen Vorstellungsgespräch mit Ihnen landet, ist das nicht ihr*sein Fehler – es ist der Fehler Ihres Einstellungsteams. Lassen Sie es nicht an der*dem Bewerber*in aus.
Vorstellungsgespräche können für Bewerber*innen extrem stressig sein, und man weiß nie, was jemand bereits durchgemacht hat. Es gibt genug Unternehmen auf der Welt, die den Bewerber*innen eine schlechte Erfahrung bieten. Streben Sie danach, ein Beispiel dafür zu sein, wie es besser sein kann.
Dieser Blog wurde ursprünglich veröffentlicht auf dem Adaface Blog.