Wie Sie hervorragende Einstellungsentscheidungen treffen

Bei der Personalbeschaffung bemühen wir uns sehr, Top-Talente zu finden und im Vorstellungsgespräch kennenzulernen. Wenn aber der Zeitpunkt gekommen ist, die richtigen Einstellungsentscheidungen zu treffen, stoßen wir oft auf Hindernisse. Es gibt keine Personalvermittler*innen, die nicht Monate damit verbracht haben, einen großartigen Prozess durchzuführen, nur um dann Kommentare von Hiring Managern zu hören wie:
- „Keine*r der Bewerber*innen ist perfekt, sehen wir uns weiter um“ oder
- „Laden wir sie beide noch einmal zu einem Vorstellungsgespräch ein … nur ein weiteres Mal“ oder (ich weiß, dass Sie das schon mal gehört haben) „Können Sie sie nicht noch eine Woche bei der Stange halten?“
Unentschlossenheit in dieser Form ist nicht nur frustrierend (nein, wir können Bewerber*innen nicht einfach noch eine Woche bei der Stange halten!), sie führt auch zu einer schlechten Erfahrung der Bewerber*innen, signalisiert mangelndes Vertrauen in Ihre Personalvermittler*innen und kommt Ihrem Unternehmen teuer zu stehen, weil Top-Talente entgehen.
Falls Ihnen das alles bekannt vorkommt, sind Sie nicht allein. Hier finden Sie vier einfache Dinge, die Sie als Personalvermittler*in tun können, um bei Ihren Einstellungsentscheidungen für Klarheit und Vertrauen zu sorgen.
Beginnen Sie mit klaren Rollen und Verantwortlichkeiten
Am Personalbeschaffungsprozess ist eine ganze Reihe von Stakeholder beteiligt, die alle eine sehr wichtige Rolle spielen. Um Reibungen zwischen allen Beteiligten zu vermeiden, wenn die endgültige Einstellungsentscheidung getroffen wird, ist es wichtig, die spezifischen Verantwortlichkeiten aller frühzeitig abzustimmen.
Der Hiring Manager ist Hauptentscheidungsträger
Als zukünftige*r Manager*in der neu eingestellten Person ist der Hiring Manager der Haupt-Stakeholder beim Einstellungsprozess sowie der letztendliche Entscheidungsträger. Andere unterstützen diesen Entscheidungsprozess mit Daten, Informationen und Beratung, letztendlich ist aber der Hiring Manager für den Erfolg des Teams verantwortlich.
Der Hiring Manager muss auch die potenziellen Risiken und Belohnungen der getroffenen Entscheidung abwägen. Mithilfe des*r Personalvermittler*in als Berater*in können Hiring Manager diese Fragen auf informative und intendierte Weise abwägen.
Der*die Personalvermittler*in ist mit der Projektleitung betraut und beratend tätig
Als Projektmanager*in entwirft und erleichtert der*die Personalvermittler*in den Einstellungsprozess insgesamt. Personalvermittler*innen fungieren als Kommunikationszentrum und stellen sicher, dass alle gut auf den Prozess vorbereitet und ständig informiert werden.
Personalvermittler*innen sind auch Berater*innen. Aufgrund ihrer Erfahrung und ihren Kenntnissen über den Markt und das Unternehmen können Personalvermittler*innen fachmännische Beratung zur Struktur des Personalbeschaffungsprozesses, zum Talentpool und zur Strategie in Bezug auf die Entscheidungsfindung beisteuern.
Personalbeschaffungs-Koordinator*innen fördern das alles
Koordinator*innen kümmern sich um die Details. Sie stellen sicher, dass das Nötige erledigt wird, und zwar effizient. Wie Personalvermittler*innen stehen Koordinator*innen im Mittelpunkt des Prozesses, doch konzentrieren sie sich auf taktische Effizienz statt auf strategische Beratung.
Interviewer*innen sind Berater*innen
Interviewer*innen erfassen Informationen während des gesamten Vorstellungsgesprächsprozesses, um die Entscheidung von Hiring Managern zu untermauern. Sie sollten durch gut gestaltete Interview-Kits, die es ihnen ermöglichen, die besten Daten zu sammeln, auf Erfolg eingestellt werden.
In Anbetracht dessen, dass alle Interviewer*innen ihre eigenen persönlichen Vorurteile in eine Bewertung einbringen werden, sollten die Interviewer*innen eine Vielzahl von Personen aus Ihrer gesamten Organisation repräsentieren. Dadurch wird sichergestellt, dass nur die besten, objektivsten Daten zur Beeinflussung der Einstellungsentscheidung verwendet werden.
Der*die Genehmigende ist für die objektive Prüfung des Prozesses zuständig
Verschiedene interne Stakeholder können die Rolle des*der Genehmigenden einnehmen. Es ist aber wichtig, dass sie einen objektiveren Blick auf den Prozess haben. Oft ist dies eine Führungskraft im Personalteam, eine Abteilungs-Führungskraft, der/die CEO oder auch ein Einstellungsausschuss oder -gremium. Die Rolle der Genehmigenden besteht darin, sicherzustellen, dass die Einstellungsentscheidung so durchdacht und objektiv wie möglich getroffen wurde.
Sie sollten das Feedback überprüfen, um sicherzustellen, dass es gründlich ist und um zu bestätigen, dass Einstellungsentscheidungen von allen auf einheitliche Weise getroffen werden sowie überprüfen, ob Vergütung und Beförderung bei den bei ihnen eingereichten Angeboten nach dem Gleichheitsprinzip erfolgen.
Immer mehr Unternehmen wie z. B. Google und Amazon nutzen Einstellungsgremien als Genehmigende anstelle von oder neben Führungskräften. Es ist einfach zu erkennen, wie ein Gremium von objektiven Beobachter*innen dazu beitragen kann, einen einheitlichen Prozess sicherzustellen und bessere Einstellungsentscheidungen zu treffen.
Schaffen einer umfassenden Strategie
Die Verwendung eines Structured-Hiring-Prozesses unterstützt eine bessere Entscheidungsfindung, indem bessere Daten in den Prozess einbezogen werden. Um diese Entscheidungen zu optimieren, legen Sie einheitliche Rahmenbedingungen und eine Strategie für alle Ihre Einstellungsentscheidungen fest und pflegen Sie diese.
Strategie auf Unternehmens- und Abteilungsebene
In ihrem Buch Radical Candor erläutert Kim Scott das Konzept von Mitarbeiter*innen als „Rockstars“ und „Superstars“. Manche hervorragende Mitarbeiter*innen sind „der Fels des Teams“. Sie sorgen für Struktur und pflegen das institutionelle Wissen. Führungskräfte können sich stets auf sie in ihrer Rolle verlassen. Andere hervorragende Mitarbeiter*innen sind Superstars. Sie sind sehr ehrgeizig, erreichen großartiges und eilen in ihren Karrieren voran. Führungskräfte können sich darauf verlassen, dass sie das Unternehmen voranbringen.
Teams arbeiten dann erfolgreich, wenn sie aus einer Mischung aus Rockstars und Superstars bestehen. Unternehmen profitieren aber davon, bei der Wahl der Mitarbeiter*innen, die das Unternehmen voranbringen werden, strategisch und vorsätzlich vorzugehen.
Eine klar definierte Strategie für jede Rolle
Strategische Definition und Priorisierung der für den Erfolg in einer Rolle erforderlichen Attribute ermöglichen fundiertere Einstellungsentscheidungen. Hier einige Tipps:
- Verwenden Sie Fokusattribute, um die wichtigsten Attribute für den Erfolg in der Rolle zu priorisieren. Wenn es um die Einstellungsentscheidung geht, verschieben Sie den Fokus Ihrer Entscheidung einfach auf diese wichtigsten Datenpunkte.
- Die Differenzierung von „Nice-to-have“-Attributen im Voraus hilft, das Risiko falsch-negativer Ergebnisse zu reduzieren. So reduzieren Sie das Risiko, eine*n hervorragende*n Bewerber*in abzulehnen, weil er oder sie nicht eine bestimmte Fähigkeit oder Erfahrung aufweist, die im Prinzip gar nicht so wichtig ist.
- Definieren Sie Coaching-fähige Attribute basierend auf den bekannten Fähigkeiten des bestehenden Teams. Um die Expertise in einem Team zu diversifizieren, definieren Sie notwendige Attribute, die Coaching-fähig sind, im Voraus. Dadurch wir die Pipeline von Bewerber*innen erweitert und Sie können mit Ihren Einstellungen die Exzellenz in Ihrem Team ausweiten.
Die Leitfäden oben sollen illustrieren, wie hervorragende Entscheidungsfindung aussieht, noch bevor der Einstellungsprozess überhaupt beginnt. Dadurch können Hiring Manager weiterhin im gesamten Prozess fokussiert bleiben und zuversichtlich jede Einstellungsentscheidung treffen.
Zuverlässige Daten zusammenstellen
Entschlossene und objektive Einstellungsentscheidungen können nicht nach Bauchgefühl getroffen werden. Entscheidungen nach Bauchgefühl führen zu Vorurteilen beim Einstellungsprozess, mangelndem Vertrauen der anderen Stakeholder und letztendlich zur falschen Person in der jeweiligen Rolle. Stattdessen sollte ein strukturierter Prozess implementiert werden, der datenbestimmte Entscheidungen ermöglicht.
Erstellen Sie vor Beginn des Vorstellungsgesprächs einen Berichtsbogen mit den Attributen, die zum Erreichen der Ziele erforderlich sind, und die maßgeblich den Erfolg für eine Rolle bestimmen. Verwenden Sie einen einheitlichen und strukturierten Prozess im Vorstellungsgespräch, um jede*n Bewerber*in nach diesen Attributen zu beurteilen. Treffen Sie Ihre endgültige Einstellungsentscheidung nur basierend auf den im Prozess erfassten Daten, nicht auf Ihrem Bauchgefühl zu einem*r bestimmten Bewerber*in. Einige Tipps zum Erfassen zuverlässiger Daten:
- Diversifizieren Sie Ihre Vorstellungsgesprächs-Gremien so gut wie möglich, um verschiedene Perspektiven zu den Bewerber*innen zu erhalten und Ihre Daten objektiver zu machen.
- Sorgen Sie für einen einheitlichen Berichtsbogen und Prozess. Beurteilen Sie alle Bewerber*innen für die gleiche Rolle nach dem gleichen Satz von Attributen und so, dass Sie auch wirklich Äpfel mit Äpfeln vergleichen.
- Erkennen Sie an, dass menschliche Beurteilungen vorurteilsbehaftet sein können. Seien Sie sich bewusst, dass Sie Vorurteile bei menschlichen Beurteilungen nicht ganz ausräumen können, dass Sie als Entscheidungsträger*in dafür verantwortlich sind, deren Präsenz sowohl in Ihren Daten als auch in Ihrer endgültigen Entscheidung zu berücksichtigen.
Präsentieren Sie ein strukturiertes Bewerber*innen-Roundup
Der letzte Schritt, um klare und sichere Einstellungsentscheidungen zu treffen, ist eine gut strukturiertes Bewerber*innen-Roundup. Auf übergeordneter Ebene besteht die empfohlene Struktur zur Zusammenstellung eines Roundup-Meetings aus Folgendem: Ausrichten am Ziel des Meetings, Besprechen potenzieller Vorstellungsgesprächs-Vorurteile und Konzentration auf die bei allen Vorstellungsgesprächen beurteilten Attribute.
Ausrichtung am Ziel des Roundups
Das Ziel dieses Meetings besteht darin, Details zu klären und weitere Nachweise zusammenzustellen, um die Entscheidung des Hiring Managers zu untermauern. Dabei ist zu beachten, dass das Ziel nicht unbedingt darin besteht, sofort eine Entscheidung zu treffen, obgleich das in einigen Fällen sicherlich vorkommen kann. Allgemein gilt: Personalvermittler*innen erleichtern das Gespräch, Hiring Manager analysieren die Daten und alle Interviewer*innen stellen den Kontext für ihre Datenpunkte bereit.
Konzentrieren Sie sich auf Attribute, nicht auf Gefühle
Die natürliche Tendenz bei dem Roundup kann in der Frage bestehen: „Welches Gefühl haben Sie bei diesem*r Bewerber*in?“ Wir empfehlen aber, dass Sie sich auf die Beurteilung der Attribute konzentrieren, nicht auf mögliche Gefühle in Bezug auf Bewerber*innen. Durch die Zusammenstellung von Daten auf strukturierte Weise mithilfe eines Berichtsbogen können Sie dies sehr einfach umsetzen. Anstatt nach Gefühlen hinsichtlich der Bewerber*innen zu fragen, können Sie Aussagen und Fragen verwenden wie:
- „Sie haben auf Ihrem Berichtsbogen angegeben, dass der*die Bewerber*in nicht kooperativ war. Können Sie uns sagen, welche Antwort oder Verhaltensweise zu dieser Beurteilung geführt hat?“
- „Sie haben den*die Bewerber*in als technisch sehr versiert beurteilt. Können Sie dazu ein Beispiel nennen?“
Sie konzentrieren sich im Gespräch nun auf die Beurteilung der Attribute, nicht auf individuelle Meinungen oder Gefühle hinsichtlich des*der Bewerber*in.
Potenzielle Vorurteile ansprechen
Alle Menschen haben Vorurteile. Dieses Bewusstsein seiner eigenen Vorurteile ist der erste Schritt hin zur Reduzierung unbewusster Vorurteile bei Ihren Einstellungsentscheidungen. Fördern Sie zu Beginn des Meetings das Bewusstsein für potenzielle Vorurteile im Vorstellungsgespräch durch direkte Definition und Besprechung solcher Vorurteile. Einige häufige Vorteile während des Vorstellungsgesprächs, die mit dem Hiring Manager und dem Interview-Team besprochen werden sollten, sind:
- Fehler des ersten Eindrucks – darunter versteht man die Tendenz, in den ersten Augenblicken, in denen man eine*n Bewerber*in kennenlernt, sofort ein positives oder negatives Urteil zu bilden. Nachdem der erste Eindruck erweckt wurde, besteht unsere natürliche Tendenz darin, den Rest des Vorstellungsgesprächs nach einer Validierung dieses ersten Eindrucks zu suchen.
- Affinitätsvorurteil – dies führt dazu, dass wir Personen bevorzugen, mit denen wir eine Verbindung oder Ähnlichkeit zu haben scheinen. Beispiele dafür sind Absolventen der gleichen Universität, in der gleichen Stadt aufgewachsen zu sein oder wenn wir an uns oder jemanden, den wir mögen, erinnert werden.
- Aktualitätsvorurteil – dazu kommt es, wenn Sie sich viel stärker an die letzten Bewerber*innen erinnern als an die, deren Vorstellungsgespräch früher stattgefunden hat.
- Erinnern Sie die Interviewer*innen schließlich (insbesondere bei Roundups) an Group-think-Phänomen, also den Fall, dass die Meinung eines besonders lautstarken (und oft mächtigen) Interviewers*in das Narrativ zum*zur Bewerber*in dominiert.
Wenn Sie ansprechen, dass Vorurteile existieren, lassen Sie alle Teilnehmer*innen wissen, dass Sie während des gesamten Roundups Fragen stellen werden, um die Auswirkungen dieser Vorurteile zu reduzieren. Ermutigen Sie die anderen Teilnehmer*innen, dies ebenfalls zu tun. Einfache Fragen wie „Was meinen Sie damit?“ und „Warum sind Sie dieser Ansicht?“ sind dabei sehr empfehlenswert. Mit Fragen wie „Können Sie uns ein konkretes Beispiel nennen?“ und „Können Sie dieses Gefühl mit einem Berichtsbogen-Attribut in Verbindung bringen?“ nach mehr Details zu fragen hilft Ihnen, weiterhin auf die von dem*der Bewerber*in an den Tag gelegten Attribute zu fokussieren statt auf die subjektiven Gefühle der Interviewer*innen.
Um das Group-think-Phänomen zu reduzieren, verlangen Sie von allen Interviewern*innen außerdem, dass sie vor dem Meeting schriftliches Feedback einreichen, und ermutigen sie die Mitglieder*innen des Teams, die in der Hierarchie weiter unten stehen, dazu, sich als erste zu Wort zu melden, damit sie ihre Ergebnisse zuversichtlicher präsentieren und weniger Druck verspüren, sich mit der Gruppe auszurichten.
Mithilfe dieser Anleitung zu besseren Einstellungsentscheidungen können Sie Reibungspunkte in Ihren Einstellungsteams reduzieren und für Ihr Unternehmen wertvolle Zeit sparen.
Bitte vergessen Sie nicht, wie wichtig eine transparente Kommunikation während des gesamten Entscheidungsprozesses ist, um eine Harmonisierung sicherzustellen. Kommunizieren Sie klar mit dem Einstellungsteam zu den Rollen der einzelnen Mitglieder*innen und der Wertschöpfung, die sie für den Prozess bedeuten. Verwenden Sie die in Ihrem strukturierten Prozess erfassten Daten, um Ihre Perspektive den Genehmigenden gegenüber darzulegen und klar zu erläutern, warum Sie sich für die Einstellung des*der Bewerber*in entschieden haben. Kommunizieren Sie schließlich den Prozess und das Feedback dem*der Bewerber*in gegenüber, um ihn*sie wissen zu lassen, dass seine*ihre Zeit Ihnen wichtig ist und warum sie ihn*sie in Ihrem Team haben möchten. Dies könnte sich beträchtlich auf die Entscheidung des*der Bewerber*in auswirken, das Angebot anzunehmen.
