Über Schulungen hinaus: So führen Sie in Ihrem Unternehmen sinnvolle Gespräche zum Thema DE&I

Wir wissen seit einiger Zeit, dass Einmal-Schulungen, die dem Erkennen und Bekämpfen von Vorurteilen am Arbeitsplatz dienen, bei Weitem nicht ausreichen, um Diversität, Gleichbehandlung und Inklusion (DE&I) in der Arbeit zu verbessern. Bestandsfähige Veränderungen lassen sich nicht dadurch erzielen, dass bei einer einzigen „Townhall“-Veranstaltung Gleichbehandlungsprobleme öffentlich angesprochen werden oder kurzerhand eine Diversity-Fachkraft an Bord geholt wird. Wenn ein Unternehmen ein großartiger Arbeitgeber sein und außerordentlich befähigte Mitarbeiter*innen ansprechen will, muss er sich systematisch mit seinen eigenen Vorurteilen auseinandersetzen, die Türen zu einem transparenten Dialog öffnen und sich zur Institutionalisierung rigoroser antirassistischer Grundsätze verpflichten.
Das Gespräch eröffnen
Viele Führungskräfte stehen heute vor der Herausforderung, sich mit Themen befassen zu müssen, die für die Arbeitsumgebung bisher vielleicht als „zu politisch“ erachtet wurden. Es ist aber auch allgemein bekannt, dass mit der Entscheidung, sich zu derartigen Themen zu Wort zu melden, die Gelegenheit verbunden ist, die eigenen Mitarbeiter*innen zu unterstützen, die Werte des Unternehmens vorzuleben und auf passive Weise die Vordenker von morgen anzuwerben. Bei diesen Gesprächen geht es nicht um Politik, sondern einfach nur um Menschlichkeit. Wenn etwas das Wohlergehen Ihrer Mitarbeiter*innen so grundlegend beeinflusst, hat es allemal verdient, einen zentralen Platz neben Ihren geschäftlichen Notwendigkeiten einzunehmen. Sie können von Ihren Mitarbeiter*innen nicht erwarten, dass sie diese Fragen einfach außen vor lassen, wenn sie durch virtuelle Türen ihr Büro betreten.
Hier bei Greenhouse haben wir vor kurzem zu einer Veranstaltung unter dem Namen „Virtual Realities“ eingeladen, einer Serie von mitarbeitergeführten Kleingruppengesprächen zu bestimmten Auswirkungen des Zeitgeschehens und tagespolitischer Ereignisse, darunter zu Themen wie polizeilichen Übergriffen, den Auswirkungen von COVID-19 auf vorwiegend aus Minderheiten bestehenden Gemeinden wie auch auf Produktivität und psychisches Wohlergehen während diverser Lockdowns.
Nach Abschluss dieser Kurse erfuhren wir aus unserer Unternehmensumfrage, dass 100 % der Teilnehmer*innen der Überzeugung waren, die Gespräche seien entweder „sehr“ oder „unglaublich inklusiv“ gewesen, und dass sich 90 % sehr gut eine Fortsetzung dieser Gespräche mit ihren Kolleg*innen, Freund*innen und Angehörigen vorstellen konnten. Angesichts der positiven Auswirkungen dieser Initiative bei Greenhouse möchten wir unsere Erkenntnisse und Erfahrungen jetzt innerhalb unserer Community weitergeben, in der Hoffnung, dass sie als Leitfaden für ähnliche Gespräche in Ihrem Unternehmen dienen werden.
Tipps für sinnvolle Gespräche
Beurteilen Sie den allgemeinen Informationsstand in Ihrem Unternehmen
Auch in den fortschrittlichsten Unternehmen sind nicht immer alle auf derselben Wellenlänge. Achten Sie darauf, dass alle über bestimmte grundlegende Informationen und Kenntnisse über DE&I verfügen – was das ist und warum es wichtig ist –, bevor Sie sich an diffizilere Themen heranwagen. Eine weitere Voraussetzung besteht darin, dass sich alle Betroffenen sicher genug fühlen, um sich von ihrer verletzlichen Seite zu zeigen. Sie können dieses Gefühl der Sicherheit weiter stärken, indem Sie die zu behandelnden Themen kurz umreißen, einige der im Vorfeld durchzusehenden Ressourcen nennen und sich ganz allgemein zu Ihrer Verpflichtung zu Informationen und Aufklärung bekennen. Diese Gespräche sind meistens alles andere als einfach und häufig auch ungemütlich, aber genau deshalb ist es wichtig, Erwartungen festzulegen und Kommunikationsnormen zu definieren.
Konzentrieren Sie sich auf relevante Themen
Bei Greenhouse legten wir den Schwerpunkt auf drei Themen: Polizeibrutalität, die Auswirkungen der Pandemie auf aus Minderheiten bestehenden Gemeinden und die Aufrechterhaltung der psychischen Gesundheit während einer Quarantäne. Diese Prioritäten gingen aus einer Umfrage im Unternehmen sowie allgemeinen Erörterungen hervor, die sowohl intern als auch extern an Dynamik gewannen. Wir wollten sicherstellen, dass wir uns der Fragen annahmen, die unsere Mitarbeiter*innen am und außerhalb ihres Arbeitsplatzes beschäftigten. Wir waren uns sicher, dass wir unsere Mitarbeiter*innen durch eine Einbettung der gewählten Themen in das Tagesgeschehen am besten würden unterstützen können. Außerdem wollten wir ihnen dabei helfen, ihr wahres Ich in der Arbeit zur Geltung zu bringen.
Sehen Sie genügend Zeit und Platz vor, damit alle zu Wort kommen
Rühren Sie auf allen Ihren Kanälen kräftig die Werbetrommel für Ihre Gesprächsrunden – mit E-Mail, auf Slack, bei Teambesprechungen und bei All Hands-Meetings. Vergewissern Sie sich des frühzeitigen Buy-ins Ihrer Vorstandsmitglieder und bringen Sie diese dazu, ihre Unterstützung lautstark deutlich zu machen. Und stellen Sie nicht zuletzt sicher, dass sie selbst auch teilnehmen. Die Bedeutung ihres guten Beispiels kann nicht überbewertet werden.
Wenn sich eine Führungskraft auf einer solchen Bühne freimütig äußert, fühlen sich die betroffenen Mitarbeiter*innen in vielerlei Hinsicht bestärkt. Außerdem trägt dies zur Schaffung der Art von Kultur bei, die sich die meisten Unternehmen wünschen.
Das perfekte Gespräch gibt es nicht, aber genau die Schwerfälligkeit, das Unbehagen und die Ehrlichkeit, die diesen Unterhaltungen innewohnen, schaffen im Laufe der Zeit das nötige Vertrauen.
Stellen Sie ein vertrauenswürdiges Team für die Gesprächsleitung zusammen
Sie können jederzeit Ihre Entschlossenheit dafür demonstrieren, einen echten Unterschied zu bewirken, auch wenn Ihnen die Mittel für eine kostspielige Moderation durch einen Dritten oder eine zertifizierte Fachkraft in den eigenen Reihen fehlen, die sich in Ihrem Unternehmen an die Spitze dieser Bemühungen stellen würde. Sie könnten sich an sachkundige Mitarbeiter*innen wenden, müssen jedoch darauf achten, dass diese nicht als bloße Symbole (miss)verstanden werden. Gestatten Sie all denen, die von sich aus ein Interesse an den behandelten Themen haben, sich als Freiwillige zu melden. Für uns war es wichtig, kleinere Diskussionsgruppen mit einem Moderator zu bilden, die allen eine echte Möglichkeit zur aktiven Mitwirkung boten. Die Moderatoren unterstrichen die Grundregeln, hielten die Diskussion auf Kurs und ließen Platz für komplizierte Gefühle.
Legen Sie Grundregeln und Gesprächsnormen fest
Diese Grundregeln müssen eingehalten werden. Wenn sie nicht vollständig und sorgfältig präsentiert werden, kann sich Frust anstauen und das vorhandene Vertrauen weiter untergraben werden. Bei Greenhouse hielten wir uns an die folgenden Richtlinien:
- Behalten Sie Ihre Zuversicht bei (der Raum ist sicher, weil er geschützt ist)
- Lassen Sie Platz für andere (indem Sie aktiv zuhören und sich gedanklich beteiligen)
- Gewöhnen Sie sich an Ihr Unbehagen
- Zeigen Sie Mut zur Mitwirkung (Sie profitieren in dem Maße, in dem Sie investieren)
- Gestatten Sie sich Ihre eigene Verletzlichkeit (geben Sie so viel von sich preis, wie es Ihnen angenehm ist)
- Lassen Sie anderen ihre abweichende Meinung (haben Sie keine Angst, sich gegenseitig durch entsprechende Fragen herauszufordern, aber verzichten Sie auf persönliche Angriffe und konzentrieren Sie sich auf Ideen)
- Arbeiten Sie mit „Ich“-Aussagen (bekennen Sie sich zu Ihren eigenen Erfahrungen und vermeiden Sie Verallgemeinerungen)
- Seien Sie sich der Körpersprache und nicht verbaler Reaktionen bewusst (und zwar im Hinblick auf sich selbst und auf andere)
Engagieren Sie sich für Verbesserungen
Versenden Sie Umfragen, um die Auswirkungen Ihres Programms zu verstehen. So haben wir z. B. in Erfahrung gebracht, dass 47 % unserer Teilnehmer der Meinung waren, die Gespräche seien zu kurz. Das lässt sich in Zukunft leicht korrigieren. Ebenso wichtig ist es, alle Kommentare zu lesen und sich ein qualitatives Verständis der Erfahrungen anzueignen. Ich möchte Ihnen abschließend ein paar Kostproben eines sehr spezifischen Feedbacks bieten, das unsere Methoden in der Zukunft inspirieren und prägen wird.
Es geht hier um einen Marathon und nicht um einen Sprint. Man muss eine Menge verarbeiten, und ich muss mich verpflichten, so viel wie möglich zu tun. Ich muss es aber auch in mein tägliches Verhalten integrieren, um sicherzustellen, dass sich kein Burnout-Syndrom einstellt und ich nicht an Schwung verliere, wenn die nationale Dynamik schwindet. Es geht darum, echte, langfristige Veränderungen herbeizuführen.
„Ich meine, dass wir den Schwung unbedingt beibehalten müssen! Ich habe schon jetzt den Eindruck, dass die tägliche Aufmersamkeit der Menschen in meinem privaten Netzwerk eine ‚Normalisierung‘ durchläuft. Wenn wir Diskussionsrunden wie diese insofern operationalisieren können, dass wir fortlaufende Gespräche führen und die Menschen wissen, dass Ihnen ein zuverlässiger Raum für diese Art von Austausch geboten wird, wäre das meiner Ansicht nach durchaus wertvoll.“
„Zeit für schriftliche Überlegungen zu Lektionen und ein Mechanismus, mit dem wir uns selbst zur Verantwortung ziehen können.“
„Mir hat das Gespräch, an dem ich teilgenommen habe, sehr gefallen. Es war sehr nützlich – weit mehr als ein sinnvoller Zeitvertreib – und hat mich zum Nachdenken angeregt. Man hat mir einen sicheren Rückzugsraum geboten, in dem ich mich mit einer vielfältigen Gruppe von Kolleg*innen außerhalb meines normalen gesellschaftlichen Umfelds über die eine oder andere harte Realität unterhalten konnte. Für mich ist es wichtig, dass unsere Arbeitsstätte auch in Zukunft Raum für derartige Gespräche bietet. Ebenso wichtig ist es mir aber, diese Diskussionen über eine ungleiche Behandlung (und darüber, wie wir Veränderungen bewirken) zu einem zentralen Aspekt unseres Selbstverständnisses als Unternehmen zu machen. Das sind keine politischen Themen. Es sind Fragen der Menschenrechte.“
Diese Arbeit ist zugegebenermaßen schwierig und erschöpfend, aber die potenziellen Belohnungen sind hoch und auf jeden Fall der Mühe wert. Ein von mehr Einfühlsamkeit und Sorgfalt geprägtes Arbeitsumfeld, ein engagiertes und sensibilisiertes Führungsteam und konkrete berufliche Weiterentwicklungsmöglichkeiten für alle Betroffenen – das sind nur einige der vielen Vorteile, die wir bei Greenhouse erlebt haben. Machen Sie den ersten Schritt!
Bei Greenhouse sind wir der Überzeugung, dass Menschen, deren Stimme gehört wird, einen echten Unterschied ausmachen – und wenn Menschen ein Zugehörigkeitsgefühl entwickeln, bringen Sie sich vollumfänglich in ihre Arbeit ein. Hier erfahren Sie mehr über unsere Mission.